Sind Diäten gesellschaftsfähig?
Diäten und Alltag – passt das eigentlich zusammen? Ich meine: teils, teils. Viel zu oft wird man kritisiert, weil man als Sportler keinen Alkohol beim Feiern trinkt und wird von den Freunden automatisch zum Taxi-Dienst verdonnert. Doch wie ist das mit anderen alltäglichen Situationen? Wo stößt man noch an seine Grenzen?
Der schwierige Alltag 😳
Egal wo man hingeht: einen blöden Kommentar muss man als Sportler meistens immer einstecken. Zu den Diätfragen könnte ich euch Geschichten im dreistelligen Bereich erzählen, ich beschränke mich aber auf die wichtigsten Erfahrungen und Schlüsse, die ich aus diesen erlebten Situationen ziehen konnte, was ich daraus gelernt habe und wie ich jetzt damit umgehe. Grundsätzlich ist es egal in welcher Situation man sich als Sportler, der gerade eine Diät durchmacht oder einfach nur sehr genau auf seine Ernährung achtet, befindet – Lob erntet man selten, eher jede Menge Kritik und Unverständnis.
Kritik, Kritik & Kritik 😑
Es fängt schon beim Feiern an. Man muss sich rechtfertigen, weil man keinen Schluck Alkohol trinkt und ja auch nicht einmal zum Anstoßen. “Dein Papa hat Geburtstag, also anstoßen kannst du schon mit uns, alles andere wäre sonst sehr unhöflich oder findest du nicht auch?” Nein finde ich nicht. Warum muss ich Sachen trinken, nur weil es irgendeine “normale” Gesellschaft von mir verlangt und es als Norm angesehen wird? Schwangere müssen doch auch keinen Alkohol trinken, warum dann Sportler die auf ihre Ernährung achten und ganz klare Ziele vor Augen haben? Natürlich sollten Schwangere nichts trinken um dem Kind nicht zu schaden, aber meinem Körper zu schaden ist okay? Wo ist hier bitte die Logik?
Lässt man dann das Glas stehen ist man unfreundlich und undankbar. Schade eigentlich. Sehr schade.
Gute Freunde – böse Freunde 👫
Feiert man mit seinen (nicht sehr toleranten) Freunden, kommt’s eigentlich auf dasselbe raus. Es gibt jene Sorte, die dich unterstützen, es toll finden und mit dir auch dann Party machen, wenn du statt einem Spritzer in der Hand mit einem Glas Wasser auf der Tanzfläche abgehst. Ja, man kann tatsächlich auch ohne Alkohol Spaß haben. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: in meiner Diät trinke ich absolut keinen Alkohol – da bin ich sehr konsequent. Befinde ich mich außerhalb der Diätphase trinke ich meistens auch keinen Alkohol. Dann eben nur, wenn ich schön essen bin und ein Glas Wein zum Gericht passt. Das wars auch schon. Und warum nicht? Mittlerweile achte ich sehr gut auf meinen Körper und auch darauf was ich ihm zuführe. Wenn ich mir etwas gönne, dann ist das kein Alkohol, sondern meistens ein (oder zwei) Löfferl Nutella oder ein Stück Kuchen.
Generell finde ich, wenn man sich etwas gönnt, sollte man anstatt Flüssigkeiten, wie Alkohol, auf feste Nahrung zurückgreifen. Das hat natürlich auch einen psychologischen Grund: trinken wir die “Cheat-Mahlzeit” haben wir weniger das Gefühl etwas ungesundes verzehrt zu haben weil es “eben schnell weg ist”. Genießt man hingegen ein kleines Stück Torte zum Kaffee, hat man wirklich das Gefühl etwas gegessen zu haben. Also: in der Diät auf Smoothies etc. als Belohnung verzichten und lieber etwas festes zu sich nehmen.
Um zu den Freunden zurückzukehren: die andere Sorte versteht es natürlich überhaupt nicht, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben kann und nutzen deswegen jede Situation um dir unter die Nase zu reiben “wie wenig Spaß man doch habe“. Außerdem wird bei jeder Gelegenheit versucht, einen doch zu einem Glas oder Shot zu überreden. Natürlich sollte man in so einer Situation konsequent bleiben und verneinen. Selbst wenn man etwas spendiert bekommt, heißt das nicht, dass man es trinken muss. Bleibt man über längere Zeit so konsequent wird es nach und nach eingesehen und irgendwann ganz normal werden. Also: dranbleiben und nicht abbringen lassen!
Unverständnis aus der Familie 👪
Doch nicht nur beim Feiern stößt man teilweise an seine Grenzen, auch im Alltag beim Familienessen. “Warum isst du das jetzt nicht?” oder “Wir finden du übertreibst” gehören eigentlich zu den Standardsätzen. Also übertreibt man automatisch, weil man genau weiß was man möchte?
Warum wird in unserer Gesellschaft die “andere Seite” nicht akzeptiert? Und mit “anderer Seite” meine ich diejenigen, die sich sportliche Ziele setzen und hart dafür kämpfen diese umzusetzen. Warum wird man belächelt als wäre man komplett verrückt, nur weil man keinen Alkohol bei Feiern trinkt und auf das Dessert verzichtet, weil es einfach nicht zum Lebensstil passt?
Ich suche natürlich keinen Schuldigen, sondern möchte nur auf diese Dinge aufmerksam machen. Man bemüht sich den ganzen Tag stark zu bleiben, alles zu geben und am Ende des Tages wird einfach nichts davon gewürdigt, oder besser gesagt akzeptiert. Mir persönlich würde es schon reichen, wenn man meine Antwort auf die Frage ob ich Alkohol trinke, einmal nicht mit einer Gegenfrage kontern, sondern einfach mit “Hey find ich super” annehmen würde.
Thema auswärts essen: Italiener & Co. 🍕
Diäten sind eigentlich schon schwer genug. Ständig steht man unter Spannung und möchte alles, was man nicht bekommen kann. Das ist übrigens auch in der Liebe so 😉 Ok, ich schweife vom Thema ab. Zurück zum Italiener. Man sitzt also da, zusammen mit der Familie – es ist Sonntag. Die ganze Woche über war man erfolgreich und möchte auch an einem Sonntag “ernährungstechnisch nicht komplett eskalieren“, wie ich es gerne nenne.
Anstatt einer Pizza bestellt man also eine kleinere Portion Nudeln mit Thunfisch und einen großen Salat und fragt den Kellner höflich, ob man das Fertig-Dressing eventuell weglassen könnte und statt dem Mozzarella im Salat lieber etwas mehr Schinken haben könnte. Prompt erntet man die erste Kritik, aber nicht vom Kellner, sondern von der Familie: “Na du hast aber sehr viele Extrawünsche“. Naja, wenn sie mich schon beim Essen dabeihaben möchten, müssen sie dies wohl akzeptieren. “Tief durchatmen Vicky!” – denke ich mir immer. Früher hätte ich mich wohl über eine halbe Stunde dafür gerechtfertigt, doch heute nicht. Ich habe daraus gelernt und auch, dass ich mich bei niemandem rechtfertigen muss. Punkt!
Uni & Arbeit 🎓
Und schon fällt mir die nächste Geschichte aus meinem persönlichen Alltag ein. In einer Diät gehört die Meal-Prep (das Vorbereiten von Mahlzeiten) einfach dazu, genau so wie das Gelbe zum Ei gehört. Als wäre es ohnehin schon nicht sehr umständlich und unbequem die ca. 27532 Dosen andauernd mit sich herumzutragen, wird man auch noch blöd angestarrt, wenn man dann unterwegs isst. Kommt das nicht auf dasselbe raus, ob ich mir jetzt beim Bäcker ein fertiges Sandwich kaufe, oder eben meine kleine Plastikdose öffne und daraus meinen gekochten Reis esse? Anscheinend nicht. Blöde Blicke, blöde Kommentare. “Was du isst nur Reis“? sagte er/sie während er/sie genüsslich von dem Leberkäse-Semmerl abbiss und an der Seite die Mayo raustropfte – “Ja, oder siehst du noch etwas in meiner Tupperware?”. Sowas nervt. Wirklich.
Ihr könnt euch sehr glücklich schätzen, wenn ihr, wie ich, Arbeitskollegen habt die euch total unterstützen. Vielleicht liegt es daran, dass ich in einem Sportunternehmen arbeite, aber so etwas wie eine “Naschlade” gibt es bei uns nicht. Während der Diät werden meine Stimmungsschwankungen akzeptiert (sorry for that), weniger Kuchen & Kekse gebacken und auch nicht versucht mich zu überreden. Ein klares “Nein” meinerseits reicht da aus. In meiner Massephase gibt’s hingegen öfters chinesisches Essen und “Kucheneskalationen”.
In Sportkleidung Nutella und Chips shoppen
Das ich 90% meiner Zeit in Sportklamotten rumlaufe ist eigentlich kein Geheimnis. Das ist natürlich auch dann der Fall, wenn ich nach dem Workout noch einkaufen gehe. Soweit so gut. Auch ich ernähre mich nicht immer 100% clean und gesund. Zuhause steht mein Nutella und eine kleine Tüte Chips ist in meiner Lade versteckt, sollte mich mal der Hunger auf etwas salziges packen. Diese Sachen wandern natürlich nicht einfach so in diese Lade, sondern müssen vorher eingekauft werden: surprise, surprise! Wenn man das dann aber in Sportkleidung macht, muss man sich über böse Kommentare oder Blicke nicht wundern. Zumindest dachte ich so am Anfang. Viele meinen, es sei ja meine Schuld, wenn ich in “diesem Aufzug” einkaufen gehe und dann nur ungesunde Lebensmittel kaufe. Ich bin anderer Meinung.
Warum wird man automatisch in eine Schublade gesteckt, nur weil man mit Sportklamotten an der Supermarktkasse steht und das Nutella und die Tüte Chips bezahlt? Automatisch gehen alle davon aus, meine Einkaufsliste würde nur aus Magertopfen, Reis und Hühnerfleisch bestehen. Ich lüfte jetzt ein Geheimnis: auch Sportler essen hin und wieder ungesunde Dinge (und genießen es dafür umso mehr). 😜
Wahrscheinlich wird der 200-Kilo-Mann genau so doof angesehen, wenn er bei Mc Donalds steht und sich einen Burger gönnt, obwohl der die Woche hin durchaus gesund gegessen hat und sich belohnen möchte. Genau so dumm wird man wahrscheinlich auch als Sportler angesehen, wenn man in Sportklamotten ungesunde Sachen einkauft. Vorurteile wo man nur hinsieht.
Fazit
Grundsätzlich habe ich aufgehört mich zu rechtfertigen – das erspart viel Zeit und noch wichtiger: viele Nerven. Diese Nerven braucht man dann ohnehin in seiner Diät. Ich verlange nicht, dass jemand das gut findet was ich tue, aber zumindest akzeptiert was ich mache und mir meinen ohnehin schwierigen Weg nicht noch weiter erschwert. Alleine man selbst sollte entscheiden was man macht – nicht jemand anders.
Bleibt nur zu hoffen übrig, dass unsere Gesellschaft “diese Normen” früher oder später über Bord wirft und man auch als Sportler/Bodybuilder besser in diese Lebensform integriert wird – und zwar in allen Lebensbereichen.
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